Höhlen - Geo und Natur

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Höhlenbildung und Gangentwicklung alpiner Karsthöhlen
Die Karsthöhlen des Berchtesgadener Landes entstanden durch chemische Lösung der Kalkgesteine. Dabei bildet das in der Luft und im Boden enthaltene CO2 im Niederschlags- und Grundwasser eine schwache Säure, die den Kalk löst. Die Höhlenbildung findet bevorzugt im obersten Grundwasserbereich statt (seichtphreatische Zone), wo sich verschiedene Wässer mischen (Mischungskorrosion) und auch Fließbewegungen auftreten.
Schachthöhlen und Schächte innerhalb eines Höhlensystems sind meist auf tektonische Vorzeichnungen wie Klüfte und Störungen zurückzuführen,
In der Initialphase der Hohlraumbildung
beginnt die Kalklösung
entlang von Klüften
und Schichtfugen.
In der Jugendphase der Höhlenentwicklung dominieren elliptische Raumquerschnitte.
Junge tektonische Bewegungen haben ein
älteres Höhlensystem verstellt: Der Gang
setzt sich an der anderen Wandseite fort.
Fagsteinlöcher, Hagengebirge.
Oft nähert sich bei weiterer Entwicklung die elliptische Raumform mehr und mehr der
Kreisform an.
Manche Höhlengänge werden dann noch
vom
Niederschlagswasser auf seinem
Weg zum Grund
wasser durchflossen,
dabei kann die Gangsohle
weiter
eingetieft werden.
Im Reifestadium können die Hohlräume beträchtliche
Dimensionen erreichen. Erst danach fallen sie durch
Absinken des Grundwasserspiegels trocken.
Im Altersstadium beginnen Deckenbrüche. Die Höhle erhält dadurch eckige oder kastenartige Raumprofile
Im Greisenstadium zerfällt die Höhle
und das Höhlengestein kann abgetragen
werden.
Hier sind nur noch Ablagerungen am
Höhlenboden erhalten, alles andere fiel
der Erosion zum Opfer - die Höhle
existiert nicht mehr.
Höhlensedimente - Dokumente der Landschaftsentwicklung
in den Nördlichen Kalkalpen
Schon seit dem vorletzten Jahrhundert ist die Landschaftsentwicklung der Salzburger und Berchtesgadener Kalkalpen Gegenstand wissenschaftlicher Forschung (PENCK 1885). Durch die grundlegenden Arbeiten von SEEFELDNER (1926, 1933, 1934) und LICHTENECKER (1926, 1938) wurden zwei gegensätzliche Theorien zur paläogenen und neogenen Landschaftsentwicklung begründet, die bis heute diskutiert werden.
Gemeinsam ist beiden das Forschungsobjekt ihrer Studien: Verebnungsflächen, die in verschiedenen Höhenlagen in den Salzburger und Berchtesgadener Kalkalpen auftreten. Deren Genese wird jedoch völlig widersprüchlich erklärt.
So sind sie nach SEEFELDNER das Produkt mehrerer Erosionszyklen, die Geländestufen
zwischen den Verebnungen werden als Erosionsrändern gedeutet. Dagegen steht die Auffassung von LICHTENECKER, der die verschiedenen Flächen in den unterschiedlichen Höhenlagen als das Ergebnis von tektonischen Verstellungen einer Altlandschaft interpretiert. Die Geländestufen werden als tektonische Bruchstufen aufgefasst.

Gegenüberstellung einphasige <> mehrphasige Landschaftsentwicklung.
Treffen die Vorstellungen von LICHTENECKER zu, hätten die tektonischen Verstellungen auch die Höhlensysteme erfassen müssen. Die verschiedenen heutigen Höhlenniveaus wären aus einem Niveau hervorgegangen. Dem widersprechen aber die Befunde der speläomorphologischen Aufnahmen ebenso wie die Ergebnisse der Analyse der Höhlensedimente (charakteristisches Komponenteninventar in jedem Höhlenstockwerk, ebenso differenzierte Schwermineralvergesellschaftungen). Es hätten nach der Theorie LICHTENECKERs in den verschiedenen Niveaus gleiche oder zumindest ähnliche Sedimente aufzufinden sein müssen. Ebenso muss das Postaugenstein-Geschehen (i. S. v. FRISCH et al. 2002, Riesenhöhlenniveau) nach diesen Ergebnissen differenzierter betrachtet werden.

Höhlensediment mit Bohnerzen (opak). Reinersberghöhle.

Konglomeratisches Höhlensediment mit
verschiedenen Quarzen. Alles da Loch P4.

Konglomeratisches Höhlensediment mit
Dachsteinkalk-Komponenten.
Salzgrabenhöhle.
Hingegen sind die Ergebnisse aus den Analysen der Höhlen und der Höhlensedimente zwanglos mit der Theorie SEEFELDNERs, der mehrphasigen Landschaftsentwicklung, in Einklang zu bringen. Die Höhlensedimente spiegeln das Transportgeschehen von Erosionsmaterial an der jeweils aktiven Landschaftsoberfläche wider, dies umso mehr, wenn man die Verbindung Zentralalpen - Molassemeer betrachtet. Unter Einbezug der Vorkommen bzw. der Lagerungsverhältnisse von Augensteinen zeichnet sich zudem ab, dass das Erosions- bzw. Abtragungsgeschehen räumlich unterschiedlich verlief und Reste der ältesten Landflächen am ehesten in den östlichen Kalkalpen erhalten geblieben sind. Natürlich kann nicht jede kleinräumige morphologische Besonderheit in dieses Konzept gezwängt werden, tektonische Bewegungen sind bis weit in das Quartär hinein nachzuweisen (auch in Höhlen!). Dennoch dürfte nach diesen Ergebnissen der vorherrschende Mechanismus bei der paläogenen und neogenen Landformung nach dem Ende der aktiven Augensteinlandschaft bzw. deren Abtragung im Sinne SEEFELDNERs von statten gegangen sein.
Literatur

BÖGLI, A. 1978. Karsthydrographie und physische Speläologie.- 292 S., zahlr. Abb. u. Tab., 12  Taf., Berlin, Heidelberg, New York (Springer).
FISCHER, K. 1990. Höhlenniveaus und Altreliefgenerationen in den Berchtesgadener Alpen.- Mitt.  Geogr. Ges. München, 75, 47 - 59.
FRISCH, W., KUHLEMANN, J., DUNKL, I., SZEKELY, B., VENNEMANN, T. & RETTENBACHER, A. 2002. Dachstein-Altfläche, Augenstein-Formation und
Höhlenentwicklung - die  Geschichte der letzten 35 Millionen Jahre in den zentralen Nördlichen Kalkalpen.- Die  Höhle, 1, 53. Jg., 1 - 37.
LANGENSCHEIDT, E. 1986. Höhlen und ihre Sedimente in den Berchtesgadener Alpen.-  Nationalpark Berchtesgaden, Forschungsbericht 10,
95 S., zahlr. Abb. u. Taf.,  Berchtesgaden (Plenk).
" - " 2001. Geologie der Berchtesgadener Berge.- 160 S., 2. Aufl., Berchtesgadener Anzeiger,  Berchtesgaden.
LICHTENECKER, N. 1926. Die Rax.- Geogr. Jb. a. Österr., 13, 150 - 170, Wien.
" - " 1938. Beiträge zur morphologischen Entwicklungsgeschichte der Ostalpen. 1. Teil: Die  nordöstlichen Alpen.- Geogr. Jber. Österr., 19, 1 - 82, Wien.
PENCK, A. 1885. Das Land Berchtesgaden: Die Oberflächengestaltung und ihre Entstehung.-   Ztschr. DÖAV, 16, 217 - 265.
SCHAUBERGER, O. 1955. Über die vertikale Verteilung der nordalpinen Karsthöhlen.- Mitt. d.  Höhlenkommission, 1, 21 - 28, Wien.
SEEFELDNER, E. 1926. Zur Morphologie der Salzburger Alpen.- Geogr. Jb. aus Österr., 13,  107 - 149, Wien.
" - " 1933. Zur Altersfrage der Abtragungsflächen in den nördlichen Ostalpen.- Mitt. d. Österr.  Geogr. Ges., 76, 128 - 150, Wien.
" - " 1934. Die alten Landoberflächen der Salzburger Alpen.- Ztschr. f. Geomorph., 8, 157 - 198.
" - " 1952. Die Entwicklung der Salzburger Alpen im Jungtertiär.- Mitt. d. Österr. Geogr. Ges., 94,  179 - 194, Wien.
" - " 1961. Salzburg und seine Landschaften: Eine geographische Landeskunde.- 573 S., 26  Abb., 67 Photos, Beil., Salzburg (Bergland-Verlag).
ZÖTTL, J. 1974. Karsthydrogeologie.- 291 S., Wien, New York (Springer).

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